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Medizin am Abend - Brainstorming- und Klausurphase bis incl. Sonntagabend, 02. August 2015


Medizin am Abend Fazit 

Guten Guten Morgen, Guten Abend, International Medizin am Abend Beteiligte,

bis einschließlich, Sonntagabend den 02. August 2015 befindet sich
Ihr e h r e n a m t l i c h e s  Medizin am Abend Berlin Team
in seiner planmäßig terminierten Sommer 2015 Brainstorming- und Klausurphase.

Wir haben diesmal unseren 360 ° MFA - Brückenkopf an der Ostsee - Halbinsel Darß - Neuhaus - Prerow - Zingst, Hansestadt Stralsund, Richtenberg am See aufgeschlagen.

Freuen tun wir uns, wenn wir wieder mit Ihnen gemeinsam, inhaltlich und zeitlich den zweiten Teil des Jahres 2015 sehr aktuell und besonders nachhaltig gestalten werden.

Beste Grüße von Günter K.V. Vetter und dem Medizin am Abend Berlin Team











Viren-Erbgut

Medizin am Abend:  Passkontrolle in der Zelle identifiziert Viren-Erbgut

Die Erbanlagen vieler Viren bestehen aus Ribonukleinsäure, abgekürzt RNA. Auch unser Körper produziert RNA; diese ist der viralen RNA sehr ähnlich. Dennoch kann unser Immunsystem virales Erbgut von körpereigener RNA unterscheiden. Forscher des Universitätsklinikums Bonn haben nun herausgefunden, wie das funktioniert. Ihre Studie wird im renommierten Fachjournal „Immunity“ vorgestellt. 

(v.l.n.r.) Prof. Gunther Hartmann, Ann Kristin Bruder, Dr. Martin Schlee
(v.l.n.r.) Prof. Gunther Hartmann, Ann Kristin Bruder, Dr. Martin Schlee
Foto: Meike Böschemeyer/Uni Bonn
 
Laut der aktuellen Studie trägt unsere eigene RNA an ihrem Kopfende eine molekulare Markierung, die sie bei einer Art „Passkontrolle“ in der Zelle vorzeigt. Dieser Mechanismus schützt uns vor Viren, verhindert aber die Alarmierung des Immunsystems durch körpereigene RNA.  

Allerdings gibt es Viren, die die Kontrolle durch eine raffinierte Passfälschung unterlaufen.

RNA-Viren, die Krankheiten wie Grippe, Gelbfieber oder Ebola verursachen, sind keine selbständig lebensfähigen Organismen. Sie brauchen für ihre Vermehrung lebende Körperzellen – ähnlich wie ein Computervirus für seine Verbreitung die Hard- und Software des infizierten Computers benötigt.

Denn RNA-Viren transportieren lediglich virale Erbinformationen (RNA) – gewissermaßen ihre eigene Bauanleitung. Bei einer Infektion schleusen sie ihre RNA in die Körperzelle. Diese beginnt daraufhin, Viren-Bestandteile zu bauen.

Erst mit Hilfe der infizierten Zelle kann sich das Virus also vermehren.

Um Viren an ihrer Vermehrung zu hindern, muss der Körper daher virales Erbgut erkennen. Diese Erkennung erfolgt in der infizierten Zelle im sogenannten Zytoplasma. Allerdings nutzen Zellen auch selbst RNA, etwa als Bauanleitung für körpereigene Proteine. Virale RNA ist der körpereigenen RNA sehr ähnlich. Wie schafft das Immunsystem es also, die wenigen Kopien viraler RNA im Meer körpereigener RNA zu identifizieren?

Molekulare Passkontrolle durch RIG-I

Die Erkennung viraler RNA im Zytoplasma erfolgt durch zwei sogenannte RNA-Rezeptoren: RIG-I und MDA5. Während die Funktionsweise von MDA5 noch unklar ist, ist man bei RIG-I einige Schritte weiter: 

Wie bei einer Passkontrolle am Flughafen das Gesicht kontrolliert wird, überprüft RIG-I das Kopfende von RNAs. Denn dort sitzt eine Art Ausweis, an dem RIG-I körpereigene RNA erkennen kann.

„Körpereigene RNA ist an ihrem Kopfende mit einer bestimmten chemischen Struktur markiert, der N1-2’O-Methyl-Gruppe“, sagt Professor Dr. Gunther Hartmann.

 „Bei dem Erbgut von Viren fehlt diese Markierung“, erklärt der Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie und Sprecher des Exzellenzclusters ImmunoSensation weiter.

Die Bedeutung dieser Markierung war bisher rätselhaft. „Wir konnten nun zeigen, dass sie die korrekte Bindung von RNA an RIG-I verhindert“, erläutert Dr. Martin Schlee, Forschungsgruppenleiter am Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie. „Körpereigene RNA kann RIG-I also nicht aktivieren – anders als Viren-RNA: Diese dockt an RIG-I an und löst so eine Immunreaktion aus.“ Bei dieser Immunantwort werden einerseits antivirale Mechanismen in der Zelle aktiviert. Zudem werden Nachbarzellen alarmiert und Immunzellen rekrutiert, die schließlich wie nach einer Impfung die Bildung eines Immungedächtnisses initiieren.

Doch wie verhindert die N1-2’O-Methyl-Gruppe die Bindung an RIG-I?

RIG-I trägt eine Struktur, die beim Bindungsvorgang mit der Methylgruppe kollidiert. „Diese Struktur ist in allen Wirbeltieren und sogar der evolutionsbiologisch alten Seeanemone vorhanden“, sagt Schlee.

Vorsicht, Passfälscher

Manchen Viren gelingt es jedoch, diesen Immunmechanismus zu unterlaufen. So fügt etwa das Gelbfieber-Virus die N1-2’O-Methyl-Gruppe selbst in seine RNA ein und mogelt sich so durch die Passkontrolle. Die Forscher hoffen nun, diese Erkenntnis für die Entwicklung von neuen Medikamenten nutzen zu können, die diesen Tarnmechanismus angreifen.

Der Forschungserfolg ist auch das Ergebnis einer umfassenden Kooperation: Hartmann und Schlee arbeiteten unter anderem mit den Instituten für Molekulare Medizin und Virologie in Bonn zusammen. Die Beteiligten sind Mitglieder des DFG-geförderten Exzellenzclusters Immunosensation und arbeiten auch im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) eng zusammen.

Publikation: A Conserved Histidine in the RNA Sensor RIG-I Controls Immune Tolerance to N1-2′O-Methylated Self RNA; Immunity, http://dx.doi.org/10.1016/j.immuni.2015.06.015

Medizin am Abend DirektKontakt:

Dr. rer. nat. Martin Schlee
Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie
des Universitätsklinikums Bonn
Tel. 0228/28716080
E-Mail: Martin.Schlee@uni-bonn.de
Dr. Andreas Archut Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Impfstoffentwicklung: Gefährliche MERS-Coronavirus (MERS-CoV)

Medizin am Abend:   MERS: Eine Impfung für Alle

Im Kampf gegen das gefährliche MERS-Coronavirus (MERS-CoV) gibt es einen Hoffnungsschimmer: Möglicherweise reicht ein einziger Impfstoff aus, um alle momentan bekannten genetischen Linien von MERS-CoV effektiv zu bekämpfen. In diese Richtung deuten zumindest Ergebnisse der Universitätsklinik Bonn und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Ihre Studie ist jetzt im Journal of Clinical Microbiology online erschienen. 
 
Infektionen mit dem MERS-Coronavirus (das Kürzel steht für „Middle East Respiratory Syndrome“) traten ursprünglich vor allem im Mittleren Osten auf. Unlängst sorgte jedoch eine Erkrankungswelle in Südkorea für Schlagzeilen.


Dr. Doreen Muth begutachtet das Ergebnis eines Antikörper-Tests.
Dr. Doreen Muth begutachtet das Ergebnis eines Antikörper-Tests.
Foto: V.M. Corman

Die aktuell zirkulierenden Erreger sind nicht identisch, sondern gehören verschiedenen genetischen Linien an. Insgesamt wurden weltweit bislang 23 dieser MERS-CoV-Varianten isoliert, davon allein 20 im Rahmen der aktuellen Studie.
 
Die Forscher der Uniklinik Bonn und des DZIF haben nun drei Isolate aus den genetischen Hauptlinien genauer unter die Lupe genommen. Dazu versetzten sie die entsprechenden Viren mit Blutserum von Patienten, die eine MERS-Infektion überstanden hatten. Ergebnis: Die im Blut enthaltenen Antikörper waren in der Lage, jedes dieser Virus-Isolate effizient zu neutralisieren.

Gute Nachricht für Impfstoff-Entwickler

Patienten, die sich mit dem MERS-Erreger infiziert hatten, waren anschließend gegen alle drei ausgewählten Virus-Linien immun. „Das ist vor allem für die Entwickler von Impfstoffen eine gute Nachricht“, erklärt Dr. Doreen Muth, die Erstautorin der Studie. „Sie müssen nicht befürchten, dass ein von ihnen entwickeltes Vakzin nur gegen eine bestimmte Virus-Linie hilft.“

Auch in einem anderen Punkt ist die Studie für die Fachwelt von Interesse:

Bislang war es nicht so einfach, MERS-Viren im Labor zu züchten. Die Isolierung des Erregers erfolgt üblicherweise in Affenzellen, die in einer Nährlösung gehalten werden. Diese Zellen werden mit Patientenmaterial infiziert, um die Viren im Reagenzglas zu vermehren. Überraschenderweise erwiesen sich die Affenzellen aber als wenig effizient. Nur wenige Isolate konnten in ihnen angezüchtet werden.

 Die Wissenschaftler verwendeten für ihre Experimente zusätzlich eine humane Darmzelllinie. Dort war die Infektions-Rate deutlich höher. Ein wichtiger Erfolg, denn Virologen sind für ihre Analysen auf eine effiziente Virus-Vermehrung angewiesen.

Das Team konnte zudem nachweisen, dass das Immunsystem nach einer Infektion Antikörper in die Atemwegs-Sekrete abgibt. 

Normalerweise sind Nase und Bronchialtrakt der Haupteinfallsweg für MERS-Viren. Die Antikörper schützen diese Eintrittspforte effizient.

Mangelhafte Krankenhaus-Hygiene gibt dem Virus leichtes Spiel

Allerdings entsteht dieser Schutz erst im Laufe einer Infektion oder auch nach einer Impfung. Wenn das Virus den Körper unvorbereitet trifft, ist es dagegen höchst gefährlich:

Seit seiner Entdeckung im Jahr 2012 haben sich über 1.100 Menschen mit dem Erreger infiziert. In 439 Fällen endete die Krankheit tödlich.

Experten gehen allerdings davon aus, dass viele Infektionen so leicht verlaufen, dass sie gar nicht bemerkt werden.

Auch ist das Virus – im Gegensatz etwa zu SARS-Coronavirus – wohl nicht besonders infektiös.

Damit es zu einer massenhaften Ansteckung kommt, müssen besondere Faktoren zusammen kommen.

So sind die bisherigen Epidemien vermutlich unter anderem auf mangelhafte Krankenhaus-Hygiene zurückzuführen.

Publikation: Doreen Muth, Victor M. Corman, Benjamin Meyer, Abdullah Assiri, Malak Al-Masri, Mohamed Farah, Katja Steinhagen, Erik Lattwein, Jaffar A. Al-Tawfiq, Ali Albarrak, Marcel A. Müller, Christian Drosten, Ziad A. Memish; Infectious MERS-Coronavirus excretion and serotype variability based on live virus isolates from patients in Saudi Arabia; Journal of Clinical Microbiology; DOI: 10.1128/JCM.01368-15


Die Viren werden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in Zellkulturen angezüchtet.
Die Viren werden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in Zellkulturen angezüchtet. Foto: V.M. Corman


Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Christian Drosten
Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn
E-Mail: drosten@virology-bonn.de
www.virology-bonn.de
Dr. Andreas Archut Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Magensäure-Hemmer wirken gegen Tuberkulose

Medizin am Abend Fazit:  Lansoprazol als Anti-TB-Medikament identifiziert

Durch das Testen mehrerer hundert zugelassener Medikamente haben Wissenschaftler der Uniklinik Köln und der Schweizer Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) ein neues Antibiotikum gegen Tuberkulose entdeckt. Es ist ein nebenwirkungsarmes Medikament, das normalerweise gegen Magengeschwüre angewendet wird: der Säureblocker Lansoprazol. Er weist eine spezifische Aktivität gegen multiresistente Tuberkulose-Bakterien auf. Die dazugehörige Studie wurde gestern (07.07.2015) im renommierten Wissenschaftsjournal „Nature Communications“ veröffentlich. 
 
Die Tuberkulose (TB)-Pandemie ist weiterhin nicht unter Kontrolle.

Allein im Jahr 2013 verursachte das TB-Bakterium Mycobacterium tuberculosis 1,5 Millionen Tote und fast neun Millionen Neuinfektionen.

Resistenzen gegenüber TB-Medikamenten sind weit verbreitet. Für die Entwicklung neuer Medikamente gibt es also einen dringenden Bedarf. Die Verwendung derzeit erhältlicher Antibiotika hat außerdem bei vielen Bakterien zur Entwicklung von Multiresistenzen geführt. Dies macht die Identifizierung und Entwicklung neuer Antibiotika dringend erforderlich.

Millionen von chemischen Verbindungen wurden in der Vergangenheit auf ihre Fähigkeit untersucht, das Wachstum von M. tuberculosis im Reagenzglas zu hemmen. Jedoch nur wenige Wirkstoffkandidaten sind derzeit in klinischen Studien. Erschwerend kommt hinzu, dass die Entwicklung neuer TB-Medikamente bis zur Anwendung beim Menschen mindestens zehn Jahre dauert.

Ein effizienterer Ansatz besteht darin, etablierte Medikamente, die bereits in der klinischen Anwendung sind, auf Ihre Wirkung als Antibiotikum hin zu untersuchen. Das ist die von Dr. Dr. Jan Rybniker, Wissenschaftler in der Infektiologie an der Uniklinik Köln, eingeschlagene Strategie. Das internationale Team hatte zuvor eine effiziente Hochdurchsatz-Screening-Methode entwickelt, die auf der Nutzung von Lungenzellen basiert. Diese werden mit M. tuberculosis infiziert und gleichzeitig mit dem zu testenden Wirkstoff versehen. Überleben die Lungenzellen drei Tage in der Kultur, ist der eingesetzte Stoff gegen M. tuberculosis wirksam.

Mit dieser maßgeschneiderten "intrazellulären" Methode testeten die Wissenschaftler eine große Gruppe von zugelassenen Medikamenten und identifizierten das Medikament Lansoprazol als Substanz mit potentieller Wirksamkeit gegen Tuberkulose-Bakterien. Ähnliche robotisierte Hochdurchsatz-Screening-Verfahren werden immer häufiger in der Medikamentenentwicklung eingesetzt, da sie umfangreiche Substanz-Sammlungen mit potenziellen Medikamenten schnell und akkurat in kürzester Zeit testen können – manuelle Methoden benötigen hierfür mehrere Monate.

Der Wirkstoff funktioniert allerdings nur, wenn sich die Bakterien innerhalb von Lungenzellen oder menschlichen Abwehrzellen befinden. Die Forscher untersuchten den zugrunde liegenden Mechanismus der intrazellulären Anti-TB-Aktivität von Lansoprazol und konnten zeigen, dass das Medikament von den menschlichen Zellen zunächst in ein aktives Stoffwechselprodukt (Metabolit) umgewandelt werden muss, bevor es die Bakterien töten kann. Dieser Lansoprazol-Metabolit hemmt die Aktivität eines Enzyms, das von entscheidender Bedeutung für die Energiegewinnung des Bakteriums ist.

Lansoprazole gehört zu einer Klasse von Medikamenten, die als "Protonen-Pumpen-Inhibitoren" die Produktion von zu viel Säure im Magen verhindern und gegen Sodbrennen sowie Magen-Geschwüre angewendet werden. Die Medikamente haben ein ausgesprochen günstiges Nebenwirkungsprofil und können auch in hohen Dosierungen problemlos angewendet werden.

"Protonen-Pumpen-Inhibitoren sind sehr sichere Medikamente und werden auf der ganzen Welt verkauft", erklärt Dr. Rybniker. "Als wirksames Medikament gegen resistente Stämme von M. tuberculosis bietet uns diese neue Klasse von Medikamenten eine ausgezeichnete Grundlage, die Tuberkulose zu behandeln."

Diese Arbeit wurden teilweise durch Forschungsgelder des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert (BMBF grant 01KI1017).

Originalpublikation:

Rybniker J, Vocat A, Sala C, Busso P, Pojer F, Benjak A, Cole ST. Lansoprazole is an antituberculous prodrug targeting cytochrome bc1. Nature Communications 07.07.2015. DOI: 10.1038/ncomms8659


Medizin am Abend DirektKontakt



Kerpener Str. 62
50937 Köln-Lindenthal
Deutschland
Nordrhein-Westfalen


Christoph Wanko
Telefon: 0221 / 478 - 88757
E-Mail-Adresse: christoph.wanko@uk-koeln.de

Brustkrebs - Mammakarzinom: Einladung zur Multicenter-Strahlentherapiestudie HYPOSIB

Medizin am Abend Fazit:  Kieler Kliniken starten größte Strahlentherapiestudie bei Brustkrebs

 

Bundesweit erkranken jedes Jahr etwa 72.000 Frauen an Brustkrebs. 


In der neuen HYPOSIB-Studie wird auch der operierte Tumorbereich schon während der Bestrahlung der gesamten Brust mit bestrahlt.

In der neuen HYPOSIB-Studie wird auch der operierte Tumorbereich schon während der Bestrahlung der gesamten Brust mit bestrahlt. Klinik für Strahlentherapie

Behandelt wird die Erkrankung oft auch mit einer Strahlentherapie, die bisher in der Regel sechs bis sieben Wochen dauerte. Mit Hilfe neuer technischer Entwicklungen ist es jetzt möglich, die Zahl der Bestrahlungen zu verringern und die Behandlungszeit auf etwa drei Wochen zu verkürzen. Unter der Leitung der Klinik für Strahlentherapie an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) wird dazu in den nächsten fünf Jahren die größte Strahlentherapiestudie in Deutschland mit über 2.000 Patientinnen durchgeführt. 
 
Die ersten wurden in dieser Woche in die Studie aufgenommen.

Bei Frauen ist Brustkrebs (Mammakarzinom) die häufigste Krebserkrankung, jede achte bis zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Nach einer Operation ist die Bestrahlung ein wichtiger Teil der Behandlung, vor allem bei einer brusterhaltenden Therapie. Die Strahlen zerstören dabei die Tumorzellen, während das gesunde Gewebe geschont wird, da sich die gesunden Zellen besser von der Bestrahlung erholen. Eine konventionelle Strahlentherapie dauerte bisher sechs bis sieben Wochen und bestand aus 30 bis 35 Terminen. In den vergangenen Jahren gelang es, die Behandlungszeit zu verkürzen, wobei die Bestrahlung mit erhöhter Einzeldosis in weniger Sitzungen erfolgte. „Diese sogenannte hypofraktionierte Bestrahlung verkürzte die Behandlungszeit auf etwa fünf Wochen“, erklärt Professor Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie, Medizinische Fakultät der CAU und UKSH.

Große Studien in Kanada und Großbritannien haben gezeigt, dass diese verkürzte, höher dosierte Bestrahlung der konventionellen Behandlung gleichwertig ist. Die Ergebnisse einer Nachbeobachtungszeit von fünf bis zwölf Jahren zeigen deutlich, dass die hypofraktionierte Bestrahlung vergleichbar gute Resultate hinsichtlich der lokalen Tumorkontrolle und des Überlebens erzielt wie die konventionelle Strahlentherapie.

Eine weitere Verkürzung auf nur mehr etwa drei Wochen und 16 Sitzungen ist möglich, wenn ein neues technisches Verfahren, der simultan integrierte Boost (SIB), mit der Hypofraktionierung kombiniert wird.

„Die zusätzliche Bestrahlung des Operationsgebietes, die bisher erst nach der Strahlentherapie der ganzen Brust erfolgte, wird bereits auf die einzelnen Termine bei der Strahlenbehandlung der ganzen Brust verteilt“, erklärt Dunst.

Dieses Kombinationsverfahren soll nun in der groß angelegten Studie mit dem Name HYPOSIB unter Leitung von Professor Dunst geprüft werden. „Die Patientinnen erhalten dabei entweder die bisherige Standardtherapie mit einer Behandlungsdauer von etwa fünf bis sechs Wochen oder die verkürzte Bestrahlung mit einer dreiwöchigen Behandlungsdauer“, erklärt PD Dr. Kathrin Dellas, Fachärztin für Strahlentherapie in Kiel und maßgeblich an der Durchführung der Studie beteiligt. Neben der Klinik für Strahlentherapie ist am Kieler Campus auch die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe unter Leitung von Professor Nicolai Maass beteiligt.

Im Brustzentrum Kiel, einer interdisziplinären Einrichtung der Kliniken für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie für Strahlentherapie, haben Patientinnen mit Brustkrebs die Möglichkeit, an klinischen Studien teilzunehmen und so frühzeitig neuartige und vielversprechende operative und medikamentöse Therapien zu erhalten. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte legen dabei ein besonders großes Augenmerk auf eine verbesserte Lebensqualität der Frauen. Die neue Strahlentherapiestudie HYPOSIB ergänzt das bereits umfassende Angebot an Behandlungsoptionen. Finanziert wird die Multicenter-Strahlentherapiestudie, an der bundesweit mehr als 80 Kliniken teilnehmen werden, von der Deutschen Krebshilfe. Endgültige Ergebnisse werden in fünf bis acht Jahren vorliegen.

Bei der herkömmlichen Therapie bei Brustkrebs werden erst die ganze Brust und anschließend der Tumorbereich bestrahlt. In der neuen HYPOSIB-Studie, die jetzt in Kiel startet, wird auch der operierte Tumorbereich schon während der Bestrahlung der gesamten Brust mit bestrahlt.

Dadurch kann die Behandlungszeit deutlich verkürzt werden.


Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Jürgen Dunst
Tel.: 0431/597-3011
E-Mail: juergen.dunst@uksh.de

PD Dr. Kathrin Dellas
Tel.: 0431/597-3039
E-Mail: kathrin.dellas@uksh.de
Dr. Boris Pawlowski Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Zuwandernde Kinder:Dringenden Handlungsbedarf bei der Gesundheitsversorgung http://www.dgspj.de

Medizin am Abend Fazit:   Neuer Forderungskatalog der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin

In Deutschland sollten zuwandernde Kinder so früh wie möglich Zugang zu Vorsorge- und Behandlungsangeboten haben.

Die Realität sieht indes oft ganz anders aus. Dabei haben von den über 100 000 Kindern und Jugendlichen, die 2013 nach Deutschland eingewandert sind, gerade minderjährige Flüchtlinge oft massive körperliche Beschwerden. Viele sind auch psychisch traumatisiert.

Besonders im frühen Kindesalter sind noch Maßnahmen zur Prävention oder zur Früherkennung und Behandlung schwerwiegender Erkrankungen möglich. In späteren Jahren sind diese kaum mehr nachholbar. Deshalb sollte gerade für sehr junge zuwandernde Kinder der Zugang zu Vorsorge- und Behandlungsangeboten schnell und effektiv möglich sein, fordert PD Dr. Erika Sievers von der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ).

Die zuwandernden Kinder und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter kommen als "Seiteneinsteiger" in das deutsche Schulsystem und Gesundheitswesen.

Bei ihren deutschen Mitschülern wurde bei der Einschulung eine schulärztliche Untersuchung durchgeführt. Daher sollten alle zuwandernden Kinder zu Schulbeginn und auch noch in höheren Klassen die Chance erhalten, auf schulrelevante gesundheitliche Defizite untersucht zu werden. Diese so genannten Seiteneinsteigeruntersuchungen über die öffentlichen Kinder - und Jugendgesundheitsdienste können eine Schlüsselfunktion haben, um Unterstützungsmöglichkeiten zu nutzen. Sie werden bisher allerdings längst nicht flächendeckend umgesetzt, kritisiert Sievers.

Dabei sind Kindergesundheit, Sensibilität für das Kindeswohl und Kinderbewusstsein aus sozialpädiatrischer Sicht die wirklich echten Prüfsteine der Migrations- und Integrationspolitik. Die Interkulturelle Öffnung des Gesundheitswesens ist derzeit hoch aktuell: 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Deutschland haben einen Migrationshintergrund.


Den Themenschwerpunkt Gesundheit und Pflege hat auch der Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration für 2015 gewählt. Integrationsbeauftragte von Bund, Länder und Kommunen sollten bei ihren Maßnahmen insbesondere auch die Bedarfe der Kinder auf der Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention berücksichtigen. Im Fokus ist derzeit besonders die Situation minderjähriger Flüchtlinge, die allein oder mit ihren Eltern nach Deutschland kommen. 35 Prozent der Asylerstanträge wurden 2013 von Kindern und Jugendlichen gestellt.

2013/2014 erfolgte auf Initiative von Kindernetzwerks e.V. an Sozialpädiatrischen Zentren eine bundesweite Befragung, die in Kooperation mit der DGSPJ und der Technischen Universität München durchgeführt wurde. Über 85 Prozent der Teilnehmer gaben dabei an, dass oft oder häufig sprachliche Verständigungsschwierigkeiten bzw. kulturell unterschiedlich geprägte Krankheits- und Behandlungskonzepte zwischen dem medizinischen Personal und den Eltern des Kindes bestehen.

Zwei Lösungsvorschläge wurden favorisiert:

Der Einsatz von qualifizierten Dolmetschern (erfolgt derzeit nur zu 33 Prozent), die für den Einsatz im Gesundheitswesen und im kultursensiblen Umgang mit Migrantenkindern qualifiziert sind.

Und die Bereitstellung von Informationsmaterialien zum jeweiligen Krankheitsbild und Behandlungskonzept in der Muttersprache des Patienten (nur für 47% verfügbar). 

Um dies zu verbessern, fordert die DGSPJ die

- Bereitstellung notwendiger Ressourcen in Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften zur Stärkung ihrer transkulturellen Kompetenz 

- bedarfsgerechte Bereitstellung von Übersetzungen, Dolmetscherleistungen und ergänzenden mehrsprachigen Informationsmaterialien, um zuwandernden Familien solche Informationen zuteil werden zu lassen, mit denen fundierte Entscheidungen getroffenen werden können.

- Etablierung vorbildhafter Modelle wie die "Migrant Friendly Hospitals" in Kinderkspitälern in der Schweiz oder der dortige Nationale Telefondolmetscherdienst. Dieser macht Übersetzungsleistungen gerade in Notfällen kurzfristig in großer Sprachenvielfalt möglich.

- Vereinfachung des Zugangs zu medizinischer Versorgung für Flüchtlinge und Asylsuchende durch eine bundesweite Einführung einer elektronischen "Gesundheitskarte" wie in Bremen und Hamburg bereits praktiziert ("Bremer Modell"). Dies ermöglicht Familien eine schnellere und effektivere Krankenbehandlung und senkt den Verwaltungsaufwand.

Kinder- und Jugendärzten kommt in Zukunft eine Schlüsselrolle zu, um zuwandernde Kinder und Jugendliche zeitnah bedarfsgerecht zu versorgen. Hier besteht auf Bundes- und Länderebene sektorenübergreifender dringender Handlungsbedarf, um gesundheitliche Chancengleichheit für alle Kinder zu gewährleisten. Dafür wird sich die DGSPJ nachhaltig einsetzen.

Medizin am Abend DirektKontakt


PD Dr. Erika Sievers MPH
c/o Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen, Düsseldorf
sievers@akademie-oegw.de

360° TOP Thema: Gefährlicher Erst- und Rückfalltumor

Medizin am Abend Fazit: Ein wichtiger Schritt für die Neuroblastom-Forschung

Europäische Forscher finden einen „Wachstumsweg“ des gefährlichen Rückfalltumors



Prof. Holger Lode Prof. Holger Lode Foto: UMG

Erstmals haben Wissenschaftler systematisch Erst- und Rückfalltumore beim Neuroblastom untersucht. 

Das Neuroblastom ist mit acht Prozent Anteil der häufigste feste (solide) Tumor im Kindesalter. 

Dabei wurden auch Gewebeproben von Kindern, die in Greifswald in Behandlung sind, analysiert. 
 
„Die genetischen Veränderungen der Krebszellen sind bei einem Rückfall anders als bei der Ersterkrankung. Das ist eine neue Erkenntnis, die in der Bekämpfung des Neuroblastoms eine wichtige Rolle spielen wird“, sagte Prof. Holger Lode (Foto), Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin Greifswald.

Gleichzeitig ist es den Forschern von 13 führenden klinisch wissenschaftlich arbeitenden Gruppen Europas unter Beteiligung des Teams von Prof. Holger Lode in einer gemeinsamen Anstrengung gelungen, einen neuen Stoffwechselweg des Tumors bei Kindern mit einem Rückfall des Neuroblastoms zu identifizieren. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in Nature Genetics* veröffentlicht.

Wenn das Neuroblastom in der Erstdiagnose festgestellt wird, hat dieses in den meisten Fällen bereits Metastasen entwickelt. Dementsprechend hoch ist mit rund 60 Prozent die Rückfallquote.  

Bei einem Neuroblastom liegen gegenwärtig zudem die Überlebenschancen bei Langzeituntersuchungen lediglich bei 30 Prozent.

Deutliche Fortschritte konnten die Greifswalder Mediziner mit einer speziellen Immuntherapie machen, die insbesondere die Prognose für Patienten mit Rückfällen deutlich verbessert hat.

„Mit den neuen Erkenntnissen in unserem Wissenschaftsverbund eröffnen sich nun auch weitere Wege in der Bekämpfung der Krebsgefahr“, so der Kinderonkologe. „Wir wissen jetzt, was den Rezidivtumor, der den Rückfall auslöst, so unberechenbar macht. Er unterscheidet sich genetisch vom Erstgeschwulst und verfügt somit auch über andere Stoffwechselwege, um sich auszubreiten und zu wachsen“, so Lode. „Gegen den identifizierten Stoffwechselweg können zielgenau neue Medikamente entwickelt werden. Perspektivisch wird es dazu führen, dass wir unsere Antikörperimmuntherapie mit einer medikamentösen Behandlung kombinieren werden. Die Forschungsergebnisse sind somit ein weiterer sehr wichtiger Schritt im Kampf gegen das Neuroblastom und, um die Heilungschancen zu verbessern.“

In Greifswald wurden in den vergangenen Jahren kleine Patienten aus aller Welt behandelt, weil sie unter diesem tückischen Tumor leiden und ihre letzte Hoffnung in der Immuntherapie sehen. Erst vor kurzem hat das Team um Professor Holger Lode und Dr. Nikolai Siebert eine Bewilligung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erhalten, um dieses Verfahren weiter zu entwickeln und zu optimieren. Dafür stellt die DFG für die kommenden zwei Jahre 300.000 Euro zur Verfügung.

*Nature Genetics (2015), doi:10.1038/ng.3349, Published online 29 June 2015
„Mutational dynamics between primary and relapse neuroblastomas“
www.nature.com/ng/journal/vaop/ncurrent/full/ng.3349.html?message-global=remove


Medizin am Abend DirektKontakt

Universitätsmedizin Greifswald
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. med. Holger Lode
Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
T +49 3834 86-63 01 und -63 25
E holger.lode@uni-greifswald.de
http://www.medizin.uni-greifswald.de
http://www.facebook.com/UnimedizinGreifswald
Constanze SteinkeErnst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

Vom Contergan-Skandal zum Hoffnungsträger bei Knochenmarkserkrankungen

Medizin am Abend Fazit:   Wirkmechanismus geklärt

Vor mehr als 50 Jahren hat Thalidomid unter dem Namen Contergan einen Medizinskandal ausgelöst. Inzwischen wird der Nachfolger Lenalidomid erfolgreich gegen schwer zu behandelnde Krebserkrankungen des Knochenmarks eingesetzt. Den zugrunde liegenden Wirkmechanismus haben Forscher um Dr. Jan Krönke, Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter an der Ulmer Uniklinik für Innere Medizin III, nun weiter aufgeklärt. Ihre in "Nature" veröffentlichten Erkenntnisse sind nicht nur bedeutend für die Behandlung des Myelodysplastisches Syndroms, sondern auch für die Medikamentenentwicklung. Zudem haben die Forscher einen Weg gefunden, um Substanzen wie Lenalidomid in Mauszellen zu untersuchen. 

Dr. Jan Krönke forscht an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III
Dr. Jan Krönke forscht an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III
Foto: Uniklinik Ulm


Als Wirkstoff im Schlafmittel Contergan hat Thalidomid traurige Berühmtheit erlangt: Vor mehr als 50 Jahren kamen unzählige Babys mit Fehlbildungen zur Welt, weil ihre Mütter Contergan in der Schwangerschaft eingenommen hatten.

Doch der Wirkstoff hat eine zweite Seite: 

Seit Ende der 1990er Jahre wird er erfolgreich gegen schwer zu behandelnde Krebserkrankungen des Knochenmarks wie das Multiple Myelom oder das Myelodysplastisches Syndrom (MDS) mit Verlust von Chromosom 5q eingesetzt.

Wie genau die immunomodulatorischen Arzneistoffe Thalidomid und sein Nachfolger Lenalidomid wirken, hat Dr. Jan Krönke bei einem dreijährigen Aufenthalt am Brigham and Women’s Hospital/Harvard Medical School und an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin III erforscht. Ihre neuesten Erkenntnisse zur Wirkweise beim MDS haben die Wissenschaftler um Krönke und Professor Benjamin L. Ebert in der renommierten Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Anzeichen einer Anämie, Blutungen vom Zahnfleisch bis zum Magen-Darmtrakt sowie häufige Infektionen: Diese Symptome können auf das Myelodysplastische Syndrom hinweisen, aus dem sich schlimmstenfalls eine akute Leukämie entwickelt.

Der Arzneistoff Lenalidomid verbessert den Zustand vieler Patienten. Doch bis vor rund einem Jahr war die Wirkweise von Lenalidomid und seiner Analoga (Thalidomid, Pomalidomid) völlig unbekannt: Jan Krönke und seine Forscherkollegen konnten 2014 nachweisen, dass der Wirkstoff an die so genannte Cereblon Ubiquitin-Ligase bindet – dabei handelt es sich um die „Protein-Müllabfuhr“ der Zelle. So werden die Eiweiße Ikaros und Aiolos, von denen beispielsweise die Krebszellen des Multiplen Myeloms abhängen, gezielt abgebaut.

Aber wie wirkt das Medikament beim Myelodysplastisches Syndrom, bei dem nur eine Kopie des Chromosoms 5q vorhanden ist? Mit Proteinanalysen, molekularbiologischen Untersuchungen und im Mausmodell haben die Forscher nach weiteren Substraten der Cereoblon Ubiquitin Ligase gesucht, die durch Lenalidomid reguliert werden.

Das Ergebnis: Der Arzneistoff bewirkt die gezielte Markierung und den Abbau des Proteins Casein Kinase 1A (CK1A) über die Cereblon Ubiquitin Ligase.  

Da das CK1A-Gen auf dem verlorenen Chromosom 5q liegt, verfügen die MDS-Zellen ohnehin über geringe Mengen des fraglichen Proteins und sind somit besonders empfindlich gegenüber Lenalidomid.

„Demnach nutzt Lenalidomid gezielt den Verlust eines Gens in den Krebszellen aus, um diese zu töten“, erklärt der Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter Krönke.

Die Gruppe konnte zudem nachweisen, dass ausschließlich Lenalidomid – und nicht die Analoga – den gewünschten Effekt bei der Knochenmarkserkrankung hat. Dies ist bedeutend für die Entwicklung neuer, ähnlich wirkender Medikamente, die gezielt krankheitsrelevante Proteine abbauen. Denn offenbar verändern kleinste chemische Modifikationen die Wirkung des Ausgangs-Arzneistoffs Thalidomid.

Im Zuge ihrer Untersuchungen hat die deutsch-amerikanische Forschergruppe erstmals Experimente mit Lenalidomid in Mauszellen durchgeführt. Zuvor war dies unmöglich, da Mäuse natürlicherweise resistent gegenüber den Wirkungen von Thalidomid/Lenalidomid sind. So hatten auch Tests an Nagern in den 50-er Jahren keine Hinweise auf die fatalen Nebenwirkungen von Contergan ergeben. Durch genetische Veränderungen am Zielprotein Cereblon gelang es nun, die Mauszellen gegenüber Lenalidomid zu sensitivieren, was künftig weitere Untersuchungen im Mausmodell ermöglicht.

Insgesamt konnten die Autoren, darunter auch der Ulmer Heisenberg-Professor Lars Bullinger (ebenfalls Universitätsklinik für Innere Medizin III), erstmals den Wirkmechanismus des Thalidomid-Analogons Lenalidomid bei der Knochenmarkserkrankung MDS zeigen. Außerdem haben sie einen Weg gefunden, diese Substanzen erstmals in Mauszellen zu untersuchen. Ihre Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über das Emmy Noether-Programm von Jan Krönke und den Sonderforschungsbereich 1074 „Experimentelle Modelle und klinische Translation bei Leukämien“ gefördert. Weiterhin unterstützte das Else Kröner Fresenius Kolleg Ulm und es bestand eine Kooperation mit der Firma Celgene, Hersteller von Thalidomid und Lenalidomid.

Jan Krönke, Emma C. Fink, Paul W. Hollenbach, Kyle J. MacBeth, Slater N. Hurst, Namrata D. Udeshi, Philip P. Chamberlain, D. R. Mani, Hon Wah Man, Anita K. Gandhi, Tanya Svinkina, Rebekka K. Schneider, Marie McConkey, Marcus Jära, Elizabeth Griffiths, Meir Wetzler, Lars Bullinger, Brian E. Cathers, Steven A. Carr, Rajesh Chopra & Benjamin L. Ebert. Lenalidomide induces ubiquitination and degradation of CK1a in del(5q) MDS. Nature. doi:10.1038/nature14610

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Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte
http://www.nature.com/nature/journal/v523/n7559/full/nature14610.html

360° Thema zum Urlaubsstart: Speiseeis ist anfällig für Keimbelastung

Medizin am Abend Fazit:  Lebensmittel im Blickpunkt Je nach Fettquelle müssen Eissorten unterschiedlich bezeichnet werden 

 

Umso heißer die Temperaturen, desto größer die Lust auf ein kühles Eis.
Verbraucher haben dabei eine große Auswahl von Sorbet bis Eiscreme, von der Kugel an der Eisdiele bis zum Fertigeis aus der Tiefkühltruhe.

Aufgrund seiner Zutaten und seiner Herstellung ist Eis aber anfällig für mikrobielle Belastungen. 

Deshalb müssen die Hersteller von Speiseeis strenge Hygienevorschriften einhalten und Eigenkontrollen durchführen. Wichtig ist aber auch der hygienische Umgang mit dem Eis in Eisdielen und Cafés, da z. B. durch unsaubere Portionierer oder Vorratsbehälter Keime nachträglich auf das Eis gelangen können.

Die Zutaten bzw. der aus ihnen hergestellte Eismix werden vor dem Gefrierprozess pasteurisiert oder einem anderen Entkeimungsverfahren unterzogen.

Zutaten, die nicht pasteurisiert werden, wie Frischobst, Schokoladenstücke oder gar Rohmilch, können ein höheres mikrobiologisches Risiko bergen und müssen daher besonders sorgfältig gereinigt, gelagert und gehandhabt werden.

Beim Direktverkauf von Eis in Eisdielen oder Cafés können mangelhaft gereinigte Geräte – wenn etwa der Eisportionierer in unreinem Wasser steht – zu einer Keimbelastung und -vermehrung führen.  

Vorhandene Erreger wie Salmonellen, Enterobacter oder Yersinien bleiben auch im gefrorenen Erzeugnis lebensfähig und können unter Umständen Magen-Darm-Erkrankungen auslösen.

Von den Überwachungsämtern der Kreise und kreisfreien Städten werden Eishersteller und –verkäufer aufgrund der mikrobiellen Empfindlichkeit des Produkts im Rahmen der risikoorientierten Kontrolle häufig kontrolliert.

Fett- und Fruchtgehalt

Je nach verwendeter Fettquelle müssen Eissorten unterschiedlich bezeichnet werden. Bei Speiseeis, das ausschließlich unter Verwendung von Milchfett hergestellt wird, unterscheidet man folgende Kategorien.
Cremeeis: mindestens 50 Prozent Milch und auf einen Liter Milch mindestens 270 g Vollei oder 90 g Eigelb
Rahm- oder Sahneeis: 18 Prozent Milchfett aus der verwendeten Sahne
Milcheis: mindestens 70 Prozent Milch
Eiscreme: mindestens 10 Prozent Milchfett
Fruchteiscreme: mindestens 8 Prozent Milchfett

Dies ist in den Leitsätzen des deutschen Lebensmittelbuches festgelegt. (Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches sind keine Rechtsnormen. Sie sind aber für Hersteller, Handel, Importeur, Verbraucher, Überwachung und Gerichte eine wichtige Orientierungshilfe.)

Wird neben Milchfett auch (oder nur) Pflanzenfett verwendet, darf das Produkt nur als „Eis“ bezeichnet werden.

Bei Sorbet wird keine Milch oder Milchanteile verwendet. Dieses Eis ist daher auch für Veganer oder Menschen mit einer Laktoseintoleranz geeignet.

Auch der Fruchtanteil ist in den Leitsätzen festgelegt. Bei Fruchteiscreme ist ein deutlicher Fruchtgeschmack erforderlich. Bei Fruchteis muss der Anteil an Frucht mindestens 20 Prozent betragen (bei Zitrus- und anderen sauren Früchten mindestens 10 Prozent).

Bei Sorbet beträgt der Anteil an Frucht mindestens 25 Prozent (bei Zitrus- und anderen sauren Früchten mindestens 15 Prozent).

Allergenkennzeichnung
Die Kennzeichnungsvorschriften gelten sowohl für industriell hergestelltes Eis als auch für Eisdielen oder Cafés. Ebenso müssen seit dem Inkrafttreten der neuen Lebensmittelinformationsverordnung im Dezember 2014 die 14 wichtigsten Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, im Zutatenverzeichnis aufgeführt und deutlich hervorgehoben werden (z. B. durch Fettdruck). Auch bei unverpackter Ware muss über diese Stoffe oder Erzeugnisse informiert werden, etwa durch eine Kladde oder einen Aushang.

Farbstoffe
Manche Eissorten enthalten Farbstoffe. Es dürfen in der Europäischen Union nur Farbstoffe verwendet werden, die gesundheitlich unbedenklich und zugelassen sind. 15 Farbstoffe, teilweise natürlichen Ursprungs, wie E 140 Chlorophylle und Chlorophylline oder E 160a Carotin, dürfen gemäß der europäischen Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe in Speiseeis ohne Höchstmengenbeschränkung eingesetzt werden (allerdings nur so viel wie technisch nötig ist). Außerdem dürfen 13 Farbstoffe mit einer Höchstmenge von insgesamt bis zu 150 mg/kg verwendet werden. Drei Farbstoffe dieser Gruppe, nämlich die Azofarbstoffe E 102 Tartrazin, E 122 Azorubin (Carmiosin) und E 129 Allularot AC müssen mit der Angabe: „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“ gekennzeichnet werden und sollten von Kindern nicht verzehrt werden. Für das bei Kindern beliebte „Schlumpfeis“ oder bei den als Engelblau oder Himmelblau bezeichneten Eissorten finden diese gelb bis rot färbenden Azofarbstoffe jedoch keine Verwendung.

Hintergrundinformationen
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist eine eigenständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das BVL ist für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimitteln und gentechnisch veränderten Organismen in Deutschland zuständig. Im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit übernimmt es umfassende Managementaufgaben und koordiniert auf verschiedenen Ebenen die Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Bundesländern und der Europäischen Union. In der Rubrik „Lebensmittel im Blickpunkt“ stellt das BVL regelmäßig Informationen zu bestimmten Lebensmitteln zusammen.

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Nina Banspach
030/18444-000

Schwimmbadkeime gefährlich für die Augen

Medizin am Abend Fazit:  Schwimmbrille verhindert Infektionen 

 

Bakterien verursachen 80 Prozent aller infektiösen Hornhauterkrankungen am Auge.  

 

Als möglicher Übertragungsort gilt das Schwimmbad – insbesondere in der Badesaison. Denn trotz des Chlors im Badewasser sammeln sich Schmutzpartikel und Keime im Becken. 

Diese können in Hornhaut und Bindehaut des Auges eindringen und dort Entzündungen verursachen. 

Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) rät deshalb, zum Baden eine gut sitzende Schwimmbrille zu tragen und auf Kontaktlinsen zu verzichten. Bei anhaltenden Beschwerden sollten Betroffene den Augenarzt aufsuchen.  

 

Bei sommerlichen Temperaturen laden Freibäder zur kühlen Erfrischung ein. Viele Badegäste klagen hinterher über gerötete, brennende und tränende Augen. Schuld daran ist das zur Badewasserdesinfektion eingesetzte Chlor.

Denn durch eine Reaktion von Chlor mit Urin, Schweiß und Schmutz und Schmutzpartikeln im Badewasser entstehen reizende, chemische Verbindungen, die den schützenden Tränenfilm der Augen angreifen. Normalerweise klingen die Symptome nach wenigen Stunden ab. Augentropfen mit Tränenersatzflüssigkeit lindern das Brennen. 

 „Halten die Beschwerden jedoch länger als 24 Stunden an, sollten Betroffene unbedingt einen Augenarzt aufsuchen, um eine mögliche Infektion auszuschließen“, rät Privatdozent Dr. med. Philip Maier, Leiter des Schwerpunkts Hornhaut- und Bindehauterkrankungen am Universitätsklinikum Freiburg.

Zum Schutz der Augen rät der DOG-Experte zu einer gut sitzenden, abdichtenden Schwimmbrille: Diese hält nicht nur die aggressiven Substanzen, sondern auch Schmutz und Bakterien von den Augen fern. Insbesondere Kontaktlinsenträger sollten ihre Augen schützen. „Beim Schwimmen ohne Brille kann sich die Kontaktlinse am Auge festsaugen“, erklärt Maier.

Dadurch könne es zu sehr schmerzhaften Abschürfungen an der Hornhaut kommen. Außerdem können sich gefährliche Keime wie Akanthamöben oder Pilze unbemerkt in das weiche Material der Kontaktlinse einnisten und dort vermehren.

Unbehandelt drohen in solchen Fällen bleibende Sehbeeinträchtigungen bis hin zur Erblindung.

Ein nachlässiger Umgang mit Kontaktlinsen und mangelnde Pflege gelten aktuellen Daten zufolge als Hauptursachen für infektiöse Hornhauterkrankungen.

Moderne Schwimmbrillen mit geschliffenen Gläsern machen Sehhilfen im Wasser überflüssig. Eine Schwimmbrille schützt außerdem davor, dass die Linsen aus den Augen gespült werden. Wer gar nicht auf Kontaktlinsen verzichten möchte, sollte Tageslinsen verwenden und diese nach dem Schwimmbadbesuch entsorgen.

Gründliches Händewaschen zum Einsetzen und Entfernen der Linsen sowie geeignete Pflegemittel gehören selbstverständlich zum sachgemäßen Gebrauch.

Literatur:
G. Geerling, P. Maier, B. Seitz, Die infektiöse Keratitis: Herpes im Griff, Akanthamöben und Fusarien auf dem Vormarsch, Klin Monatsbl Augenheilkd 2015; 232(6): 735-737

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Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG)
Anna Julia Voormann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-552
Telefax: 0711 8931-167
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http://www.dog.org


Raucherinnen haben ein höheres Risiko für eine Reizblase www.frauen-blasenschwaeche.de

Medizin am Abend Fazit:  Rauchen ist nicht nur schädlich für Herz, Gefäße und Lunge - es geht auch auf die Blase

Das zeigt unter anderem eine Studie (1) mit 2000 finnischen Frauen zwischen 18 und 79 Jahren: Danach leiden Raucherinnen dreimal häufiger an einer Reizblase als Nichtraucherinnen.

Privatdozent Dr. Gert Naumann, Chefarzt am Helios-Klinikum Erfurt, erklärt den Zusammenhang so:

"Wenn die Blase voll ist, setzt der Botenstoff Acetylcholin durch Andocken an Rezeptoren in der Blasenwand eine Kette von Signalen in Gang, die schließlich zum Anspannen der Blasenmuskulatur führen.

Dies nehmen wir als Harndrang wahr. Nikotin kann diese Acetylcholin-Rezeptoren unabhängig vom Füllstand der Blase ebenfalls aktivieren und vermittelt auf diese Weise einen zusätzlichen Reiz." In der Folge haben die betroffenen Frauen auch bei fast leerer Blase ständig das Gefühl, auf die Toilette zu müssen, verspüren aber nach der Blasenentleerung kaum Erleichterung. Beim Wasserlassen können außerdem Schmerzen auftreten. 

Raucherhusten belastet zusätzlich

Einen Einfluss auf das Muskelgewebe des Beckenbodens hat das Rauchen dem heutigen Kenntnisstand zufolge nicht.

"Allerdings gibt es indirekte Auswirkungen", erläutert Naumann. "Jahrelanger Zigarettenkonsum führt unweigerlich zu einem Raucherhusten, der den Beckenbodenmuskel auf Dauer schwächt und so eine Belastungsinkontinenz begünstigt.

Bei dieser Form der Blasenschwäche geht hin und wieder ungewollt Urin verloren, zum Beispiel beim Husten, Lachen oder Treppensteigen." Auf den Glimmstängel zu verzichten, ist daher der erste Schritt zu einer gesunden Blasenfunktion.

Welche Maßnahmen darüber hinaus gegen Blasenschwäche und Reizblase helfen, verrät die kostenlose Broschüre "Blasenschwäche bei Frauen". 

Sie enthält viele nützliche Informationen und praktische Tipps sowie fünf illustrierte Beckenbodenübungen zum Nachmachen.

Bestelladresse: BGV e.V., Heilsbachstraße 32, 53123 Bonn,

www.frauen-blasenschwaeche.de

(1)Obstetrics & Gynaecology: Smoking and Bladder Symptoms in Women; Tähtinen, Riikka M. MD et al; September 2011: Volume 113- issue 3.


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Bundesverband für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz e.V.
Dr. Heike Behrbohm
René-Schickele-Straße 10
53123 Bonn
0228 / 308210
0228 / 3082133
behrbohm@medcominternational.de
www.frauen-blasenschwaeche.de

Epilepsie bei Kindern: Erzieher und Lehrer durch Informationen stärken

Medizin am Abend Fazit: Epilepsie ist für Kinder und ihre Eltern eine belastende Erkrankung. 

Bei einem Drittel der Epilepsiepatienten treten trotz der Verwendung von Arzneimitteln Anfälle auf. Häufig sind Notfallmedikamente erforderlich, um die Anfälle zu beenden. Wichtig ist, dass diese zügig angewendet werden. Da die Kinder tagsüber im Kindergarten oder in der Schule sind, müssen auch Erzieher und Lehrer wissen, was zu tun ist. Eine Gruppe von Forschern aus dem Universitätsklinikum und der Universität Leipzig hat sich des Themas angenommen. Ihre Befragung von Erziehern und Lehrern ergab: Das Grundwissen ist vorhanden. Aber besonders im Bereich der Anwendung von Notfallarzneimitteln gibt es Informationsbedarf.  

Ihre Bestandsaufnahme haben die Wissenschaftler aus Kinderklinik, Klinischer Pharmazie und Biologiedidaktik der Universität Leipzig jüngst in der renommierten Fachzeitschrift "Archives of Disease in Childhood" publiziert (doi:10.1136/archdischild-2015-308306). In einem weiteren Schritt wollen sie Maßnahmen entwickeln, um die Sicherheit der Arzneimitteltherapie zu verbessern. Das Vorhaben zählt zu jenen Kooperationsprojekten, die im heute in Leipzig gegründeten Zentrum für Arzneimittelsicherheit gebündelt werden.

In einer Befragung von fast 1250 Lehrern und Erziehern kamen wichtige Erkenntnisse zu Tage:

Es wurde deutlich, dass ein Grundwissen zur Erkrankung und medikamentösen Dauer- und Notfallbehandlung einer Epilepsie bei einem Großteil der Befragten vorhanden ist. "Jedoch sind das Erscheinungsbild der Erkrankung und die Anwendung der Arzneimittel in ihrer Komplexität nur wenigen Pädagogen bekannt", sagt Thilo Bertsche, Professor für Klinische Pharmazie an der Universität Leipzig.

Besonders im Bereich der Anwendung von Notfallarzneimitteln bestehen Unklarheiten. "Dabei kann deren rasche Anwendung bei einem Anfall für die Gesundheit des Kindes von nachhaltiger Bedeutung sein. Dass immer noch veraltete Notfallmaßnahmen wie das Einführen eines festen Gegenstandes zwischen die Zähne kursieren, ist ein wichtiges Indiz dafür, dass eine konstruktive Unterstützung der Pädagogen auf diesem Gebiet wichtig ist", betont Astrid Bertsche, Oberärztin am Sozialpädiatrischen Zentrum der Universitätskinderklinik.

Auch die unklare Rechtslage bei Medikamentengabe durch medizinisch nicht geschultes Personal wurde von den befragten Pädagogen als belastend empfunden.

 "Erfreulich war, dass die Erzieher und Lehrer eine große Bereitschaft zeigten, sich weiteres Wissen anzueignen, um epilepsiekranken Kindern zu helfen", sagt Jörg Zabel, Professor für Biologiedidaktik.

So wünschten sich über 90 Prozent der Befragten zusätzliche Informationen, insbesondere im Rahmen einer Schulung.


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OÄ PD Dr. Astrid Bertsche
Sozialpädiatrisches Zentrum der Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Telefon: +49 341 97-26869
E-Mail: astrid.bertsche@medizin.uni-leipzig.de

Prof. Dr. Thilo Bertsche
Institut für Pharmazie
Telefon: +49 341 97-36600
E-Mail: thilo.bertsche@uni-leipzig.de

Prof. Dr. Jörg Zabel
Institut für Biologie, Biologiedidaktik
Telefon: +49 341 97-36641
E-Mail: joerg.zabel@uni-leipzig.de

Dipl.-Journ. Carsten Heckmann Universität Leipzig
 

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://adc.bmj.com/content/early/2015/06/25/archdischild-2015-308306.abstract zur Fachveröffentlichung

Ärzte verordnen Heilmittel im Wert von 5,6 Milliarden Euro - plus 7,8 Prozent http://www.gkv-his.de/

Medizin am Abend Fazit: 

Heilmittel wie zum Beispiel Krankengymnastik oder Massagen im Wert von rund 5,6 Milliarden Euro haben die niedergelassenen Ärzte in Deutschland im vergangenen Jahr verordnet.

Dies sind 7,8 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Techniker Krankenkasse (TK) unter Berufung auf die Statistik des GKV-Spitzenverbands mitteilt.

Im Durchschnitt bekam jeder gesetzlich Versicherte Heilmittel für rund 81 Euro verschrieben.

Doch die regionalen Unterschiede sind erheblich: 

Mit 108 Euro pro Kopf verordneten die Ärzte in Hamburg am teuersten 34 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt.

In Bremen hingegen lag der Pro-Kopf-Wert bei nur rund 64 Euro und damit 21 Prozent unter dem bundesweiten Mittel.

Der Wert je verordnetem Heilmittel betrug statistisch gesehen rund 125 Euro. 

Das umsatzstärkste Heilmittel war die Krankengymnastik (4 Milliarden Euro).

Mit großem Abstand folgten die Ergotherapie (812 Millionen Euro) und die Sprachtherapie (600 Millionen Euro).

Die Statistiken sind im Internet unter www.gkv-his.de verfügbar.

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Techniker Krankenkasse Michael Ihly
Tel. 040 - 6909 2577
E-Mail michael.ihly@tk.de

Was haben Migräne und Schlaganfall gemeinsam?


Medizin am Abend Fazit: Tsunamis im Gehirn:


http://www.cosbid.org/?page_id=358 


Schlaganfall und Migräne sind Erkrankungen des Nervensystems, die sich in Entstehung, Verlauf und Prognose deutlich voneinander unterscheiden. 

Neueste Forschungsergebnisse belegen jedoch, dass beide Erkrankungen einen zentralen Mechanismus gemeinsam haben: 

Elektrochemische Wellen enormen Ausmaßes, die von Nervenzelle zu Nervenzelle über weite Teile des Hirngewebes wandern. 

Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben in der Fachzeitschrift Neuron* den aktuellen Stand der Forschung zusammengetragen.

Etwa 30 Prozent der weiblichen und rund 8 bis10 Prozent der männlichen Bevölkerung entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Migräne.

Diese geht bei ungefähr einem Drittel der Patienten mit Sinnestäuschungen einher. Dabei steigt der Blutfluss im Gehirn vor einer Kopfschmerzattacke um das Dreifache an.

Erklärt wird dies mit einem Erregungssturm von Nervenzellen. Wie eine Welle wandert die gleichzeitige Erregung vieler Neurone über weite Teile der Hirnrinde. 

Streift sie das Sehzentrum der Betroffenen, führt dies zu Wahrnehmungsstörungen.

Klinische Studien der letzten Jahre haben zudem ergeben, dass derartige Erregungswellen auch bei einem Schlaganfall auftreten.
In dem internationalen Forschungsverbund COSBID forschen Wissenschaftler der Charité gemeinsam mit anderen europäischen und amerikanischen Arbeitsgruppen an den Ursachen und Wirkungen dieses neuronalen Phänomens. Insgesamt wurden die Wellen bereits bei mehreren hundert Patienten nachgewiesen.

So treten sie immer bei malignen Hirninfarkten, bei 70 bis 80 Prozent der Patienten mit einer sogenannten aneurysmatischer Subarachnoidalblutung, einer Blutung aus den großen arteriellen Gefäßen der Hirnbasis, sowie bei etwa 60 Prozent der Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma auf.

Bemerkenswert ist dabei, dass die Erregungswelle bei einer Migräne in der Regel keinen Zellschaden hinterlässt, wohingegen sie in Gewebe mit bereits gestörtem Stoffwechsel, wie bei einem Schlaganfall, einen wandernden Zelluntergang auslösen kann.

Prof. Dr. Jens Dreier, Leiter der Arbeitsgruppe „Translation in Stroke Research“ am Centrum für Schlaganfallforschung der Charité und Mitglied im Bernstein Center for Computational Neuroscience Berlin, erklärt: „Bereits vor mehr als 70 Jahren postulierte der brasilianische Neurobiologe Aristides Leão, dass der Migräneaura eine Riesenwelle im Gehirn zugrunde liegt, die mehr als fünfmal größer als die Nervenzellentladung während eines epileptischen Anfalls ist.“ Prof. Dreier, der innerhalb des COSBID-Konsortiums das Projekt „Subarachnoidalblutung“ koordiniert, betont: „Mittlerweile wurde die Riesenwelle bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen des Gehirns identifiziert.

Im Unterschied zu Migränepatienten kann sie bei anderen Erkrankungen ein Signal an die Hirngefäße senden, sich extrem zu verengen. Dann steigt der Blutfluss nicht an, sondern versiegt. Auf diese Weise provoziert die Riesenwelle den massenhaften Untergang von Hirngewebe.“ Die Wissenschaftler beschäftigt nun die Frage, wie sich die Entdeckungen der letzten Jahre in neue diagnostische und therapeutische Konzepte umsetzen lassen.


*Jens P. Dreier and Clemens Reiffurth. The Stroke-Migraine Depolarization Continuum. Neuron. 2015 May 20;86(4):902-922. doi: 10.1016/j.neuron.2015.04.004.


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Prof. Dr. Jens Dreier
Centrum für Schlaganfallforschung Berlin
Charité - Universitätsmedizin Berlin
t: +40 30 450 660 024

Entzündungs- und Heilungsprozesse der Lunge

Medizin am Abend Fazit:    Wie die Lunge ihre Wunden heilt

Unsere Lunge ist permanent widrigen Umwelteinflüssen ausgesetzt, die ihre Zellen schädigen oder gar zerstören können. 

Folglich muss das betroffene Gewebe so schnell wie möglich ersetzt werden. Gemeinsam mit ihren Kollegen vom Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie konnten Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München nun erstmals detaillierte Einblicke in die dynamischen Veränderungen der Gewebszusammensetzung während dieses Prozesses gewinnen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal EMBO Molecular Systems Biology veröffentlicht. 
 
Lungenerkrankungen sind derzeit nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die dritthäufigste Todesursache der Welt:

Toxische Partikel, Infektionen und chronische Entzündungsreaktionen bedrohen unsere Atemwege.

Ein entscheidender Vorgang ist in diesem Zusammenhang die Heilung des Lungengewebes nach erfolgter Schädigung. Da kausale Therapien zurzeit rar sind, ist es wichtig, zu verstehen, wie diese Entzündungs- und Heilungsprozesse in der Lunge ablaufen.

Einem interdisziplinären Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. Matthias Mann, Direktor am MPI für Biochemie, und Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Chairman am Comprehensive Pneumology Center (CPC) des Helmholtz Zentrums München und des Klinikums der Universität München, ist es nun erstmals mit Hilfe neuer Methoden der Massenspektrometrie gelungen, diese dynamischen Veränderungen in der Zusammensetzung des Lungengewebes in den unterschiedlichen Phasen der Geweberegeneration genau zu ermitteln und darzustellen.

Mehr als 8.000 Proteine untersucht

Um sich nach einer Verletzung zu regenerieren, ersetzt die Lunge die geschädigten Zellen in ihrer Oberfläche durch Stammzellen.

Die molekularen Mechanismen dieses Vorgangs sind bisher nur wenig untersucht und verstanden.

Kommt es zu einer solchen Verletzung, müssen die für die Reparatur nötigen Stammzellen durch eine komplexe Mischung aus Botenstoffen und Proteinen der Extrazellulären Matrix (EZM) aktiviert werden.

Nur durch dieses komplexe Zusammenspiel kann der Ursprungszustand der Lunge wiederhergestellt werden.

Erstmals wurde nun die genaue Menge von über 8.000 Proteinen des Lungenproteoms im gesamten Zeitverlauf dieses mehrstufigen Reparaturprozesses ermittelt und bioinformatisch ausgewertet.

„Insbesondere die jetzt gewonnene Information zur genauen Zusammensetzung und Veränderung der EZM und deren dynamischer Interaktion mit verschiedenen Botenstoffen, erlaubt es uns neue Hypothesen zur Aktivierung von Stammzellen in der Lunge zu entwickeln“, erklärt Dr. Herbert Schiller, Erstautor der Studie.

Die Forschungsergebnisse sind eine wichtige Basis für weitere translationale Forschungsansätze zur Entstehung der Lungenfibrose* und chronischer Lungenerkrankungen im Allgemeinen, so die Wissenschaftler. „Diese neuartige Methode der Massenspektrometrie erlaubt es uns, Unterschiede in der Art und Menge von Eiweißstoffen bei Patienten und Gesunden zu analysieren und so völlig neue Therapieansätze für chronische Lungenkrankheiten zu entwickeln“, blickt Eickelberg voraus.


Weitere Informationen


Hintergrund:
* Die Lungenfibrose ist eine chronische Lungenerkrankung. Der normale Verlauf der Lungenregeneration ist gestört, was zu einer starken Ansammlung von Eiweißen in der EZM führt. 


Die Folge ist eine Versteifung der Lungen und eine erschwerte Atmung.

Original-Publikation:
Schiller, HB et al. (2015) Time- and compartment-resolved proteome profiling of the extracellular niche in lung injury and repair, EMBO Molecular Systems Biology, DOI: 10.15252/msb.20156123

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

Das Institut für Lungenbiologie (iLBD) gehört dem Comprehensive Pneumoloy Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln. Das iLBD führt mit der Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).


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Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Lungenbiologie, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg - Tel. +49 89 3187 4666 - E-Mail: oliver.eickelberg@helmholtz-muenchen.de

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://msb.embopress.org/cgi/doi/10.15252/msb.20156123 - Link zur Publikation

http://www.helmholtz-muenchen.de/ilbd - Webseite des Institut für Lungenbiologie/Comprehensive Pneumology Center

www.risko-thrombose.de Die Lungenembolie (VTE) in Deutschland und Europa

Medizin am Abend Fazit:  Lungenembolie kann jeden treffen / Thrombose die lautlose Gefahr   http://www.dga-gefaessmedizin.de


Medizin am Abend ZusatzLink  APC Resistenz / Faktor V Mutation
Risikofaktor für thromboembolische Erkrankungen


http://labor28.de/fileadmin/user_upload/fachinformationen/laborinformationen/LaborInfo_020_APC-Resistenz__Faktor-V-Mutation_l28.pdf

Die Anzahl der Thrombosen und der damit einhergehenden Komplikation, der Lungenembolie, hat in den letzten Jahren zugenommen.

Zusammen bezeichnet man diese Krankheitsbilder als venöse Thromboembolie (VTE).

Bei einer VTE löst sich ein Blutgerinnsel und wird mit dem Blutstrom über das Herz in die Lunge verschleppt. 

Dort verschließt es die für die Atmung lebenswichtigen Adern und es kommt zur lebensbedrohlichen Lungenembolie. 

An VTE erkranken jedes Jahr etwa 1,5 pro 1.000 Einwohnern.

Allein in Deutschland sterben Hochrechnungen zufolge bis zu 100.000 (*) Menschen an einem Gefäßverschluss aufgrund von thrombotischen Erkrankungen. 

Europaweit sind es über 500.000 Menschen - das sind mehr als durch Verkehrsunfälle, AIDS, Brust- und Prostatakrebs zusammen.

Eine Thrombose ist für den Patienten jedoch nicht immer leicht zu erkennen.

"Oft sind es ganz alltägliche Beschwerden, wie geschwollene Fußknöchel oder schmerzende Waden, die ernst genommen werden sollten.

Herzrasen, Atemnot und Brustschmerz deuten auf eine mögliche Lungenembolie hin.

Bei derartigen Beschwerden sollte sofort ein Arzt aufgesucht oder ein Rettungswagen gerufen werden", so DGA-Mitglied Prof. Dr. Rupert Bauersachs, Direktor der Klinik für Gefäßmedizin - Angiologie am Klinikum Darmstadt und wissenschaftlicher Leiter des Aktionsbündnis Thrombose.

Nähere Informationen unter www.risko-thrombose.de 

(*) Vgl. Cohen et. al. (Cohen AT, Agnelli G, Anderson FA, et al. Venous thromboembolism (VTE) in Europe. The number of VTE events and associated morbidity and mortality. Thromb Haemost. 2007 Oct;98(4):756-64)

Medizin am Abend DirektKontakt

Infobüro Aktionsbündnis Thrombose
c/o Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für
Gefäßmedizin e. V.
Julia M. Hofmann T: 030 / 531 485 82-0
E: info@risiko-thrombose.de oder info@dga-gefaessmedizin.de
www.risiko-thrombose.de

360° TOP-Thema: Zwischenergebnisse zum Dabigatran (Pradaxa) -spezifischen Antidot Idarucizumab




Großes Interesse an aktuellen Zwischenergebnissen zum Dabigatran-spezifischen Antidot


Boehringer Ingelheim bringt mit Idarucizumab* das erste spezifische Antidot für ein Nicht-Vitamin-K-bezogenes orales Antikoagulanz (NOAK) auf den Weg zur Zulassung.

Boehringer Ingelheim informierte im Rahmen eines Presseworkshops Anfang Juli in Frankfurt am Main unter anderem über den aktuellen Entwicklungsstand des Dabigatran-spezifischen Antidots.

Idarucizumab befindet sich derzeit in einem beschleunigten Zulassungsverfahren bei der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA, der EMA und bei Health Canada.

Die Marktzulassung wird noch in 2015 erwartet. 

Für keines der aktuell im Markt verfügbaren NOAKs steht bislang eine spezifische Möglichkeit zur Aufhebung der Gerinnungshemmung zur Verfügung.

Mit der Entwicklung eines spezifischen Gegenmittels will Boehringer Ingelheim zukünftig die therapeutischen Optionen, die den Ärzten in seltenen kritischen Notfallsituationen zur Aufhebung der gerinnungshemmenden Wirkung von Dabigatran zur Verfügung stehen, erweitern. 

Das Dabigatran-spezifische Antidot wird Ärzten in Europa voraussichtlich mit einem deutlichen zeitlichen Vorsprung vor allen anderen NOAK-spezifischen Antidota bereitgestellt.

Die Erforschung und Entwicklung von Idarucizumab mündet in einer weiteren Innovation aus dem Hause Boehringer Ingelheim für die antikoagulatorische Therapie.

Die kürzlich publizierten Zwischenergebnisse aus der weltweit laufenden Patientenstudie RE-VERSE AD(TM) wurden bei der Presseveranstaltung von Dr. Peter-Friedrich Petersen, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Klinikum Frankfurt Höchst, vorgestellt und sorgten für großes Interesse.

Idarucizumab führte in dieser Analyse zur sofortigen und anhaltenden Aufhebung der Dabigatran-induzierten Wirkung bei den meisten Patienten in lebensbedrohlichen Notfallsituationen (1). 


Referenzen
(1) Pollack C.V. et al. Idarucizumab for dabigatran reversal. NEJM. Published online June, 22, 2015. DOI: 10.1056/NEJMoa1502000. * Idarucizumab ist die empfohlene INN-Bezeichnung (International Non-proprietary Name).

Das Dabigatran-spezifische Antidot befindet sich derzeit in der klinischen Entwicklung und ist noch in keinem Land für den klinischen Einsatz zugelassen.


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360° TOP Thema: Bauchspeicheldrüsenkrebs: Neuer Serum - Bluttest: GPC-1-beladene Exosome

Medizin am Abend Fazit:   Erkennt frühzeitig gefährliche Veränderungen

Das von Tumorzellen in den Blutkreislauf gebrachte Eiweiß Glypican-1 bietet möglicherweise einen neuen Ansatz zur Früherkennung und besseren Diagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs mittels eines ungefährlichen und kostengünstigen Bluttests. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Raghu Kalluri vom MD Anderson Cancer Center an der University of Texas und von Mitarbeitern der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden. Ihre Erkenntnisse präsentieren die Forscher jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Nature (doi:10.1038/nature14581). 

Der neue hochempfindliche Bluttest unterscheidet genau zwischen gut- und bösartigen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und erkennt gefährliche Veränderungen in frühesten Stadien. Der neue hochempfindliche Bluttest unterscheidet genau zwischen gut- und bösartigen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und erkennt gefährliche Veränderungen in frühesten Stadien. Uniklinikum Dresden
 
Glypican-1 (GPC-1) wird auf der Oberfläche von Tumorexosomen gebildet.

Bei Exosomen handelt es sich um Membranbläschen in der Größe von Viren. Sie werden von Tumorzellen milliardenfach gebildet und in die Blutbahn abgesondert. Dabei transportieren sie Fragmente von Desoxyribonukleinsäuren (DNS), Ribonukleinsäuren (RNS) und Eiweißen, welche spezifisch für ihre Ursprungszellen sind. Diese Eigenschaften machten sich die Wissenschaftler zunutze, indem sie krebsspezifische Exosome aus dem Blut von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Hilfe des Eiweißes GPC-1 isolierten.

Dabei waren GPC-1-beladene Exosome im Blut von 250 Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs deutlich erhöht im Vergleich zu gesunden Spendern oder zu Patienten mit einer gutartigen Bauchspeicheldrüsenerkrankung.

Dieses Ergebnis ließ eine sehr akkurate Unterscheidung mit einer 100-prozentigen Sensitivität und Spezifität zwischen Patienten mit einer bösartigen Erkrankung und Patienten mit einer gutartigen Erkrankung oder Gesunden zu. Zudem zeigte sich in der Studie ein deutlicher Abfall von GPC-1 beladenen Exosomen im Blut von Patienten, nachdem sie sich einer Bauchspeicheldrüsenoperation zur Tumorentfernung unterzogen hatten.

Damit haben GPC-1-beladene Exosome eine deutlich höhere diagnostische Aussagekraft als der Standardtumormarker CA-19-9, welcher nur bei 80 Prozent der Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöht ist sowie auch bei einigen Patienten mit einer gutartigen Bauchspeicheldrüsenerkrankung.

Exosome sind aufgrund ihrer doppelwandigen Lipidschicht sehr stabil und lagerungsbeständig. Bei einer Kühltemperatur von 4°C können sie bis zu 96 Stunden unbeschadet aufbewahrt werden. Bei einer Lagerung von minus 70 bis minus 80°C können sie über mehrere Jahre konserviert werden. Zudem sind nur wenige Tropfen Blut erforderlich, um den Gehalt von GPC-1-beladenen Exosomen im Serum zu messen. „Dieses ist ein deutlicher Vorteil gegenüber anderen Tumormarkern wie zum Beispiel zirkulierenden Krebszellen. Deren Nachweis ist sehr schwierig und es muss deutlich mehr Blut vom Spender entnommen werden“, erklärt Dr. Christoph Kahlert, einer der beteiligten Wissenschaftler der Studie. Er arbeitet jetzt an der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, war aber zu Beginn der Studie noch am MD Anderson Cancer Center in den USA tätig.

Exosome von Tumorzellen können zudem nicht nur zur reinen Diagnostik verwendet werden: durch Analyse der DNS, RNS oder Eiweiße aus den Tumorexosomen lassen sich möglicherweise weitere Informationen über die Schwachstellen der Tumorerkrankung gewinnen, gegen die dann eine zielgerichtete, medikamentöse Therapie begonnen werden kann.

Eine weitere Verwendung könnten GPC-1-beladene Exosome bei der Früherkennung von Bauchspeicheldrüsenkrebs spielen. Das heimtückische an dieser Erkrankung ist, dass körperliche Beschwerden häufig erst dann auftreten, wenn eine Operation mit der Chance auf eine Heilung nicht mehr möglich ist.

Anders als beim Darm- oder Brustkrebs gibt es auch noch keine standardisierten Vorsorgeuntersuchungen, denn die Bauchspeicheldrüse lässt sich nur mit einer strahlenbelastenden Computertomographie oder mit einer aufwendigen und kostenintensiven Kernspintomographie (MRT) bildlich gut darstellen. Dies erschwert die Etablierung eines flächendeckenden Früherkennungsprogramms.

Hier könnte möglicherweise der neue Bluttest eine Lösung anbieten. In Untersuchungen an Mäusen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs konnte gezeigt werden, dass GPC-1-beladene Exosome schon deutlich erhöht waren, wenn die Mäuse noch an Vorstufen von Krebs litten. Zudem war der Test bereits deutlich positiv, wenn in der simultanen MRT-Bildgebung noch kein Tumor nachweisbar war.

Sollten diese Ergebnisse in klinischen Studien mit Menschen bestätigt werden, könnte sie zukünftig zu einer Verbesserung der Prognose von Bauchspeicheldrüsenkrebs führen. “Je früher Bauchspeicheldrüsenkrebs oder seine Vorstufen erkannt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der gesamte Tumor durch eine Operation entfernt werden kann. Dadurch lassen sich die Chancen auf eine Heilung deutlich verbessern bei einer Erkrankung, an der gegenwärtig 95 Prozent aller Patienten innerhalb von fünf Jahren nach Erstdiagnose versterben”, so Prof. Dr. Jürgen Weitz, Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden und einer der Mitautoren der Studie.

Beteiligte Wissenschaftler vom MD Anderson Cancer Center sind Dr. Raghu Kalluri, Dr. Sonia Melo, Linda Luecke, Dr. Christoph Kahlert, Dr. Valerie LeBleu, alle vom Department of Cancer Biology; Dr. Seth Gammon und Dr. David Piwnica-Worms vom Department of Cancer Systems Imaging und Dr. Elizabeth Mittendorf, vom Department of Surgical Oncology.

Beteiligte Wissenschaftler der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden sind Prof. Dr. Jürgen Weitz, Dr. Nuh Rahbari, Dr. Christoph Reissfelder und Prof. Christian Pilarsky.

Weitere teilnehmende Partner und Co-Autoren stammen von der Universität von Oviedo, Spanien und dem Centro Nacional de Biotecnologia, Madrid, Spanien.

Publikation:
Glypican-1 identifies cancer exosomes and detects early pancreatic cancer, doi:10.1038/nature14581 Published online 24 June 2015

Medizin am Abend DirektKontakt:

Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie
des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
an der Technischen Universität Dresden
Dr. med. Christoph Kahlert
Tel.: +49 (0) 351 458 18276
E-Mail Christoph.Kahlert@uniklinikum-dresden.de
Web www.uniklinikum-dresden.de/vtg
Konrad Kästner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.uniklinikum-dresden.de/vtg

Sanitäts- und Rettungsdienst: Verlust großer Blutmengen - Blutstammzellen in Eile

Medizin am Abend Fazit:  Das Tempo bestimmt die Qualität

Weltweit erstmals beschreibt die Forschergruppe von Prof. Claudia Waskow an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden jetzt einen neuen Mechanismus, bei dem die Länge der G1-Phase des Zellzyklus die Fitness humaner Blutstammzellen beeinflusst. Die verkürzte G1-Phase sorgte in der Studie dafür, dass die Blutstammzellen über einen längeren Zeitraum und in größerer Anzahl kontinuierlich reife Blutzellen bildeten. Es ist vorstellbar, dass künftig die Stammzellfunktion durch eine Beschleunigung des Zellzyklustransits auch im menschlichen Körper verbessert werden kann. Die Arbeit wurde jetzt im “Journal of Experimental Medicine” veröffentlicht. 

Eine metaphorische Darstellung der Erkenntnis, dass der Zeitpunkt des G1-Phasenübergangs von zentraler Bedeutung für die weitere Bestimmung menschlicher hämatopoetischer Stammzellen ist.
Eine metaphorische Darstellung der Erkenntnis, dass der Zeitpunkt des G1-Phasenübergangs von zentraler Bedeutung für die weitere Bestimmung menschlicher hämatopoetischer Stammzellen ist. Nicole Mende / TU Dresden
 
Durch die regelmäßige Neubildung frischer Blutzellen wird sichergestellt, dass unser Immunsystem auch über einen langen Zeitraum hinweg funktionell bleibt und auf Stresssituationen wie Infektionen oder den Verlust großer Blutmengen reagieren kann.

Um dies zu bewältigen, besitzt unser Knochenmark sogenannte blutbildende oder hämatopoetische Stammzellen, welche die Fähigkeit besitzen, alle Immunzellen je nach Bedarf nachzubilden. 

Diese besondere Eigenschaft der Blutstammzellen wird auch bei klinischen Knochenmarktransplantationen genutzt, wo erkrankte Blutzellen – wie zum Beispiel Leukämiezellen – durch gesunde Zellen ersetzt werden.

Eine große Hürde für den Erfolg einer solchen Stammzelltransplantation ist jedoch nach wie vor die stark limitierte Anzahl der für den Empfänger verträglichen Spenderstammzellen. Daher ist es weiterhin von besonderer Bedeutung, die Funktion von Stammzellen im Körper besser zu verstehen, um Lösungen für dieses Problem zu finden.

Während schon vorher bekannt war, dass der Großteil hämatopoetischer Stammzellen normalerweise in einer Ruhephase verbleibt und ihre Funktionalität durch einen kontrollierten Übergang in die Zellteilung beeinflusst wird, war bisher nicht klar, ob die Länge einzelner Zellteilungsphasen das Verhalten von Blutstammzellen reguliert. Nicole Mende, die Doktorandin in der Forschergruppe von Prof. Waskow, die das Projekt maßgeblich bearbeitete, verkürzte nun mit Hilfe von Gentransfer spezifisch die Transitzeit durch die frühe G1-Phase humaner Blutstammzellen. 

Tatsächlich wurde die Erhaltung der Stammzellen nach Stressinduktion im Reagenzglas durch die G1-Phasen-Verkürzung stark verbessert. Weitaus wichtiger waren jedoch die Transplantationsexperimente in ein spezifisches Mausmodell, welche zeigten, dass sich die Funktion der behandelten Stammzellen auch im lebenden Organismus signifikant erhöht.

Interessanterweise zeigte eine ähnliche Manipulation des Zellzyklus, welche jedoch einen späteren Zeitpunkt der G1-Phase betrifft, genau gegensätzliche Effekte und einen schnellen Verlust der Stammzellenfunktion.

Diese Ergebnisse zeigen, dass eine ausgewogene Transitgeschwindigkeit durch die frühe und späte G1-Phase ein wichtiger Regulator der Blutstammzellfunktion ist, und daher wesentlich zum Erhalt der lebenslangen Blutneubildung beiträgt. 


Publikation:
Nicole Mende et al.: CCND1–CDK4–mediated cell cycle progression provides a competitive advantage for human hematopoietic stem cells in vivo; in: Journal of Experimental Medicine, Published July 6, 2015, doi: 10.1084/jem.20150308


Medizin am Abend DirektKontakt:

Technische Universität Dresden
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
Prof. Dr. Claudia Waskow
Regeneration in der Hämatopoese
Institut für Immunologie
Tel.: +49(0)351 458 6448
E-Mail: claudia.waskow@tu-dresden.de
Internet: http://tu-dresden.de/Members/claudia.waskow
Konrad Kästner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden


Herzinsuffizienz - Leitlinie für DMP - Disease-Management-Programm (DMP)

Medizin am Abend Fazit:  Herzinsuffizienz: IQWiG legt vorläufige Ergebnisse von Leitlinien-Recherche vor

Vorbericht identifiziert Empfehlungen für mögliches DMP / Stellungnahmen erbeten 



https://www.iqwig.de/download/V14-01_Vorbericht_Leitlinienrecherche-und-bewertung-fuer-ein-DMP-Chronische-Herzinsuffizienz.pdf 


 
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat heute, am 13. Juli 2015,  die vorläufigen Ergebnisse einer Recherche nach evidenzbasierten Leitlinien zur chronischen Herzinsuffizienz vorgelegt.

Bis zum 10. August können interessierte Personen und Institutionen Stellungnahmen zu diesem Vorbericht abgeben.

G-BA diskutiert eigenes DMP Herzinsuffizienz

Ziel des Berichts ist es, in aktuellen, methodisch hochwertigen Leitlinien diejenigen Empfehlungen zu identifizieren, die für ein Disease-Management-Programm (DMP) von Bedeutung sein könnten.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zieht in Erwägung, ein eigenes DMP für chronische Herzinsuffizienz einzurichten und beauftragte deshalb das IQWiG mit der Recherche.

Bisher gibt es lediglich ein Modul Herzinsuffizienz innerhalb des DMP für koronare Herzkrankheit (KHK).

Viele Empfehlungen zu Therapie von Begleiterkrankungen

Breiten Raum nehmen in den Leitlinien – und im Vorbericht – Diagnostik und medikamentöse Therapie ein.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Therapie von Begleiterkrankungen wie etwa KHK, Hypertonie oder Myokarditis.

Thematisiert werden aber auch 

interventionelle Maßnahmen: 
(z. B. kardiale Resynchronisationstherapie, 
implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren),
spezielle Personengruppen mit Herzinsuffizienz
(Schwangere, Kinder und Jugendliche),
die dekompensierte Herzinsuffizienz oder
die Palliativversorgung bei terminaler Herzinsuffizienz.

 
Zum Ablauf der Berichtserstellung


Den vorläufigen Berichtsplan für dieses Projekt hatte das IQWiG im Januar 2015 vorgelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit einer Würdigung und dem überarbeiteten Berichtsplan im April 2015 publiziert. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten Vorbericht werden nach Ablauf der Frist gesichtet. Sofern sie Fragen offen lassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.

Weitere Informationen:

https://www.iqwig.de/de/projekte-ergebnisse/projekte/versorgungsqualitat/v14-01-... - zu Vorbericht und Stellungnahme

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Mundschleimhautzellen: Art und Zeit der Nahrungsaufnahme meiner Nahrungsaufnahme

Medizin am Abend Fazit:  Zellen im Takt

Leben unterliegt natürlichen Rhythmen wie beispielsweise dem Tag- und Nachtrhythmus oder jahreszeitlichen Temperaturschwankungen. Forschende der Vetmeduni Vienna haben nun gezeigt, dass sich auch menschliche Zellmembranen je nach Tageszeit anders zusammensetzen. Diese zyklischen Veränderungen in den Zellmembranen könnten Gesundheit und Krankheit wesentlich mit beeinflussen. Die Resultate wurden im Journal of Biological Rhythms veröffentlicht. 

Menschliche Zellmembranen sind morgens anders zusammengesetzt als abends.
Menschliche Zellmembranen sind morgens anders zusammengesetzt als abends.
Foto: Susanne Schwaiger
 
Fettsäuren sind wichtige Bestandteile von Zellmembranen.

Sie leiten Signale in die Zelle weiter und steuern Stoffwechselvorgänge im gesamten Körper. Thomas Ruf und Walter Arnold vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna sind diesen zyklischen Schwankungen bei menschlichen Zellen nachgegangen.

„Nahezu alle physiologischen Vorgänge bei Mensch und Tier, wie Körpertemperatur oder Herzfrequenz, unterliegen tagesperiodischen Rhythmen, viele von ihnen zeigen auch jahresperiodische Schwankungen.

Wir wollten herausfinden, ob diese Rhythmen mit Veränderungen von Zellmembranen zusammenhängen können“, erzählt der Erstautor Ruf.

Die Forscher untersuchten ein Jahr lang die Mundschleimhautzellen von 20 Testpersonen. Alle Personen sammelten an einem bestimmten Tag im Monat alle drei Stunden ihre eigenen Mundschleimhautzellen, indem sie die Mundhöhle mehrmals täglich kräftig mit Wasser spülten und diese Lösungen in speziellen Röhrchen einfroren.

Zusammensetzung der Fettsäuren verändert sich mit der Tageszeit

Die Analyse der Zellmembranen zeigte klare tageszeitabhängige Rhythmen bei elf verschiedenen Fettsäuren.

Einige Fettsäuren waren nachts in höheren Mengen vorhanden, andere eher tagsüber. „Die zellulären Veränderungen haben eines gemeinsam, sie fanden bei allen Personen immer ungefähr zur gleichen Tageszeit statt. Es ist also ein klarer Rhythmus sichtbar“, erklärt Ruf.

„Aus der Tierphysiologie wissen wir, dass Tiere die Fettsäurenkomposition in ihren Zellmembranen an Umwelterfordernisse anpassen. Die Zusammensetzung unterliegt vor allem jahreszeitlichen Schwankungen. Bei den von uns untersuchten Personen zeigten sich zwar tageszeitliche Schwankungen, jahreszeitliche Schwankungen traten eher individuell auf.“

Anders als bei Wildtieren zeigte sich bei den Testpersonen kein klarer Jahresrhythmus im Fettsäuremuster. Bei etwa der Hälfte der Testpersonen gab es zwar jahresperiodische Rhythmen, sie verliefen aber nicht synchron. Bei manchen Testpersonen gab es einen Gipfel im Frühjahr oder Sommer, bei anderen war dieselbe Fettsäure im Herbst oder Winter erhöht.

„In westlichen Ländern nimmt der Einfluss der Jahreszeiten auf den Körper tendenziell ab.

Grund dafür sind künstliches Licht, das die Tage verlängert und lange Heizperioden, die Temperaturschwankungen mildern. Jahresrhythmen existieren zwar, werden aber nicht mehr mit der Jahreszeit synchronisiert“, so Ruf.

Bestimmte Krankheiten treten jahresperiodisch auf

Die von den Wissenschaftern entdeckte Umstrukturierung der menschlichen Zellmembranen könnte von medizinischer Bedeutung sein. Es ist bekannt, dass bestimmte Fettsäuren wie beispielsweise die Omega-3-Fettsäuren vor bestimmten Erkrankungen schützen, während andere, wenn sie im Übermaß aufgenommen werden, ungünstig sein können. Die Zusammensetzung der Fettsäuren in den Membranen könnte also verschiedenste gesundheitliche Auswirkungen haben.

„Möglicherweise erklärt sich daraus auch, warum bestimmte Krankheiten und Todesfälle tageszeitabhängig auftreten. Morgens kommt es statistisch gesehen häufiger zu Herzinfarkten als abends. Auch der der Blutdruck zeigt normalerweise vormittags einen Anstieg. Derzeit wissen wir nicht genau, was die Veränderungen in der Zusammensetzung der Zellmembran hervorruft.  

Die Art und Zeit der Nahrungsaufnahme könnte dabei eventuell auch eine Rolle spielen. Diese Fragen gilt es noch zu erforschen“, betont Ruf.

Möglicherweise ist es nicht nur wichtig gesundheitsfördernde Omega-3-Fettsäuren in Fischöl oder Ölsäure in Olivenöl in ausreichenden Mengen zu sich zu nehmen, sondern auch den richtigen Zeitpunkt zu wählen.

Ob dies tatsächlich der Fall ist, wollen die Forscher in Zukunft herausfinden.

Service:
Der Artikel „Daily and Seasonal Rhythms in Human Mucosa Phospholipid Fatty Acid Composition” von Thomas Ruf und Walter Arnold wurde in der internationalen Zeitschrift Journal of Biological Rhythms veröffentlicht. doi: 10.1177/0748730415588190
http://jbr.sagepub.com/content/early/2015/06/29/0748730415588190.full.pdf+html

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen. http://www.vetmeduni.ac.at


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